Gegenargumente

Gegen die Umgestaltung der Bahninfrastruktur in und um Flensburg werden eine Reihe von Einwänden erhoben. Diese beziehen sich meist auf die Endhaltestelle am ZOB. Jedoch muss man bei einer Argumentation das zugrunde liegende Gesamtkonzept berücksichtigen.

  • Ausbau von Flensburg-Weiche als Fern-, Grenz- und Umsteigebahnhof
  • Endhaltestelle am ZOB in Flensburg und die Reaktivierung der Hafenbahn
  • Weitere Bahnhaltestellen im Flensburger Stadtgebiet (insbesondere Deutsches Haus, Exe/Wilhelminental, Zentralkrankenhaus/Campus)
  • Beschleunigung der Trasse Kiel-Flensburg durchgängig auf 120 km/h
  • Reaktivierung der Trasse Niebüll/Lindholm-Flensburg bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h
  • Optionen auf weitere Strecken (Husum, Tinglev, Stadtbahn Flensburg)

Im Folgenden gehen wir auf häufig genannte Einwände ein und kommentieren diese. Klicken Sie dazu in der Liste auf den jeweiligen Einwand.

  1. Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Endhaltestelle ZOB
  2. Abschaffung des bisherigen Bahnhofs
  3. Der Bahnhof liegt nahe genug bei der Innenstadt
  4. Verkehrschaos am ZOB
  5. Keine Aufenthaltsqualität an der Endhaltestelle ZOB
  6. Umweltbelastungen in der Innenstadt
  7. Auswirkungen auf das Stadtbild
  8. Viele Haltestellen verlängern die Fahrzeit
  9. Hohe Kosten für die Stadt Flensburg
  10. Verschwendung von Steuergeldern
  11. Unsicherheit über den Betreiber Niebüll-Flensburg
  12. Haltung der Gemeinden auf der Strecke Niebüll-Flensburg
  13. Konkurrenz für den Schnellbus Niebüll-Flensburg

Zu unserem Fazit

Einwand 1: „Eine Haltestelle am ZOB ist nicht leistungsfähig genug. (Flaschenhalseffekt).“
  • Auf allen Strecken gilt, dass die Taktung abhängig ist von der Länge der Blockabschnitte (von Signal zu Signal).
  • So können Taktzeiten von z.B. von unter 2 Minuten entstehen.
  • Jedoch sind wir der Meinung, dass die eingleisige Strecke ab Husumer Straße zweigleisig geplant werden sollte, um auch
  • für einen 30-Minuten-Takt gewappnet zu sein und
  • Haltepunkte wie Deutsches Haus und Wilhelminental (Exe) zu erlauben.
  • Das Gabeln und Flügeln von Zügen (siehe unsere Animation) kann eine weitere Entlastung bringen, ist jedoch nur bei Kurstriebwagen, die gemeinsam losfahren, sinnvoll.
  • Der jetzige Bahnhof ist vom Westen her zweigleisig und vom Osten her eingleisig, so dass er in der Resilienz (Widerstandsfähigkeit) einer Haltestelle am ZOB nicht überlegen ist.
Einwand 2: „Der Bahnhof soll abgeschafft werden.“
  • Dies wäre keine Entscheidung eines Eisenbahnunternehmens, sondern eine politische Entscheidung der Flensburger Ratsversammlung.
  • Der jetzige Bahnhof sollte als Haltestelle für die Züge nach Kiel und Niebüll sowie für eine mögliche Stadtbahn dienen.
  • Außerdem kann der Bahnhof bei einem kurzfristigen Ausfall der Hafenbahn als Reserve zur Verfügung stehen.
Einwand 3: „Der Bahnhof liegt nahe genug bei der Innenstadt.“
  • Es kommt immer darauf an, wie man misst. Der Beginn der Fußgängerzone am Südermarkt (950 Meter vom Flensburger Bahnhof) bedeutet nicht, dass dort das Zentrum ist.
  • Anhand der Bevölkerungsdichte pro Wahlkreis ist das Bevölkerungszentrum von Flensburg etwa an der Einmündung der Nordstraße in den Hafendamm, was vom jetzigen Bahnhof 2 km entfernt ist.
  • Auch eine Wohnbebauung des Güterbahnhofgeländes mit 700 WE (ca. 1.000 Menschen) würde diesen Schwerpunkt nur um ca. 1% nach Süden verlagern.
  • Ein zentrumnaher Verkehrsknotenpunkt kann nur südlich der Hafenspitze liegen, was die Lage des Busbahnhofes (ZOB) beweist.
Einwand 4: „Es gibt ein Verkehrschaos am ZOB, wenn dort eine Bahnhaltestelle entsteht. Bahnreisende suchen dort Parkplätze oder werden mit dem PKW dorthin gebracht.“
  • Das grundsätzliche Ziel ist die Reduzierung des MIV durch die Steigerung der Attraktivität des ÖPNV.
  • Nicht alle Bahnreisenden kommen mit dem Auto, sondern auch zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Bus.
  • Es stehen schon jetzt (kostenpflichtige) Parkplätze/ Parkhäuser in unmittelbarer Nähe zum ZOB in großer Zahl zur Verfügung.
  • Bahnreisende, die mit dem Auto anreisen, werden schnell auf die Haltestellen mit kostenlosen P&R-Parkplätzen ausweichen („Angebot schafft Nachfrage“):
    • Weiche
    • Exe
    • Zentralkrankenhaus/Campus
  • Durch mehrere Haltestellen im Stadtgebiet verteilt sich auch der Zubringerverkehr, der sich derzeit ausschließlich auf den Bahnhof mit seiner „Quasi-Sackgassenlage“ konzentriert.
Einwand 5: „Ein Zug zum ZOB würde die Umweltbelastungen (Lärm, Abgase, Feinstaub) in der Innenstadt ansteigen lassen.“
  • Die Umweltbelastungen durch Züge in die Innenstadt müssen in Relation gesetzt werden zur Einsparung der Belastungen durch weniger PKW-Verkehr. Ein Zug ersetzt dabei etwa 100-200 PKW.
  • Wir sprechen uns klar für elektrifizierte Antriebe aus, diese:
    • sind nicht CO2-schädlich und damit klimaneutral
    • erzeugen weniger Lärm. Natürlich muss sich die Lärmbelastung der Anwohner/innen innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen bewegen, entsprechende Lärmschutzmaßnahmen sind vorzunehmen.
  • Natürlich entsteht durch das Abbremsen der Züge Feinstaub, jedoch durch die modernen Bremssysteme erst am Ende des Bremsvorgangs.
Einwand 6: „Das Stadtbild wird geschädigt und es müssen Bäume gefällt werden.“
  • Jede Veränderung der Infrastruktur zieht Veränderungen im Stadtbild nach sich.
  • Jedoch sind die Veränderungen durch eine Haltestelle am ZOB gering und eher von oben sichtbar als aus der „normalen“ Bürger/innen-Perspektive.
  • Auch nach Abschluss der Umbaumaßnahmen kann der Bahndamm eine Begrünung aufweisen. (Ausnahme: Bahndamm gegenüber dem ZOB).
  • Natürlich müssen auch Bäume gefällt werden, aber:
    • Dies dient dem übergeordneten Ziel der Verkehrswende im Sinne einer klimafreundlichen Mobilität.
    • Ausgleichsmaßnahmen sind zwingend vorgeschrieben.
Einwand 7: „Eine Endhaltestelle am ZOB hat keine Aufenthaltsqualität. Es fehlt ein Bahnhofsgebäude.“
  • Für ein mögliches Bahnhofsgebäude und als Lieferzone zum Kurzzeitparken ist das Grundstück Wilhelmstraße 10 (derzeit Parkplatz) extra freigehalten worden.
  • Alternativ zum Bahnhofsgebäude können unter den Gleisen bis zu einer Länge von 300 m Fahrkartenschalter, Kiosk, großer Fahrradunterstellraum usw. geschaffen werden.
  • Jedoch bieten der ZOB, die Hafenspitze und die in 2 Minuten fußläufig erreichbare Innenstadt auch ohne Gebäude weit mehr Aufenthaltsqualität als der Flensburger Bahnhof.
Einwand 8: „Die vielen Haltestellen verlängern die Fahrtzeit und machen das Bahnfahren damit unattraktiv.“
  • Welche Haltestellen eingerichtet werden, ist eine Entscheidung der Stadt Flensburg und der Landkreise im Einvernehmen mit der Nah.sh, die sich nach dem Einzugsgebiet einer Haltestelle bemisst.
  • Es kommt auf die Reisezeit „Von Haustür zu Haustür“ an und nicht auf die reine Fahrzeit.
  • Mehr Haltestellen verkürzen den Weg zur Bahn/von der Bahn und sorgen insgesamt für verkürzte Reisezeiten.
Einwand 9: „Die hoch verschuldete Stadt Flensburg kann sich die Kosten doch gar nicht leisten.“
  • Die Umgestaltung der Bahninfrastruktur wird im Wesentlichen durch Bund, Land und Eisenbahnunternehmen bezahlt.
  • Für Flensburg bleiben Kosten im niedrigen einstelligen Millionenbereich. Größte Positionen:
    • Anteilig (25 %) für den Bau eines P&R-Parkplatzes in Weiche (ca. 300 Stellplätze)
    • Anteilig (25 %) für den Bau einer Überführung vom Bahndamm über die Straße Süderhofenden zum ZOB.
  • Für diese vergleichsweise geringen Mittel erhält Flensburg eine leistungsfähige Bahninfrastruktur für die nächsten Generationen.
Einwand 10: „Trotz hoher Förderquoten: Es handelt sich um eine Verschwendung von Steuergeldern.“
  • Maßgeblich ist die volkswirtschaftliche Wirtschaftlichkeit, also das Nutzen-Kosten-Verhältnis.
  • Das Gutachten „Reaktivierung der Bahnstrecke Flensburg – Niebüll“ des Unternehmens kcw vom 01.03.2017 prognostiziert die folgenden Werte:
    • ohne Durchleitung der Bahn zum ZOB: 1,03
    • mit Durchleitung der Bahn zum ZOB: 1,47
  • Fazit: Ein volkswirtschaftlicher Nutzen wäre also bei einem Betrieb der Stecke Flensburg-Niebüll,
    • die am derzeitigen Bahnhof endet, höchst unsicher.
    • die bis zum ZOB führt, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit gegeben.
  • Die Wirtschaftlichkeitsprognose desselben Unternehmens vom 12.03.2018, die sich nur innerstädtisch auf die Einrichtung einer Endhaltestelle am ZOB und die Reaktivierung der Hafenbahn bezieht, erzielt den außerordentlich hohen Wert von 8,25.
  • Beide Untersuchungen weisen auf einen gegebenen volkswirtschaftlichen Nutzen einer Reaktivierung der Stecke Flensburg – Niebüll bis zur Endhaltestelle am ZOB hin, was den Einsatz staatlicher Mittel rechtfertigt.
Einwand 11: „Die NEG will doch gar nicht die Strecken betrieben.“
  • Die NEG beabsichtigt, die Strecke von Niebüll bis zum ZOB in Flensburg für den Personenverkehr reaktivieren.
  • Welches Eisenbahnunternehmen den Zuschlag bekommt, diese Strecke auch zu befahren, wird durch eine Ausschreibung der Nah.sh entschieden.
Einwand 12: „Die Gemeinden auf der Stecke von Niebüll nach Flensburg sind gegen die Reaktivierung.“
  • Die Stimmung ist eher gemischt. Beispiele :
    • Wallsbüll ist dafür.
    • Leck ist offen für Gespräche, es muss aber ein vernünftiges Konzept geben.
  • Fazit: Es sollten Gespräche geführt werden (Land, Stadt Flensburg, betroffene Gemeinden, NEG).
Einwand 13: „Die Reaktivierung Niebüll-Flensburg macht dem Schnellbus Konkurrenz.“
  • Der Schnellbus ist nicht schnell, er braucht über 60 Minuten.
  • Die Bahn braucht unter 40 Minuten.
  • Die Streckenführung ist nicht identisch.
  • Bus und Bahn sind keine Konkurrenten, sondern profitieren genseitig voneinander.

Unser Fazit:

  • Viele Einwände können durch einen genauen Faktencheck widerlegt werden.
  • Zudem sind einige Einwände durch veränderte Rahmenbedingungen in den letzten Jahren nicht mehr aktuell.
  • Insgesamt überwiegen die Vorteile eindeutig, sowohl für die Bahnreisenden, als auch für die Stadt Flensburg.