Apenrade und Sonderburg

Stellungnahme zum „Letbane-Konzept“ der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Flensburg als Oberzentrum der Region braucht ein besseres ÖPNV-System. ÖPNV heißt: öffentlicher Personennahverkehr, dieser besteht im Wesentlichen aus Bus und Bahn. Und die Region, in der Flensburg wie eine Spinne im Netz liegt, besteht aus dem Süden Dänemarks (Südjütland) und den Nachbarkreisen der Stadt Flensburg, Nordfriesland und Schleswig Flensburg.

Die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Kiel hat sich daher Gedanken über ein Schienenverkehrssystem gemacht. Dies liegt zwischen der früheren Straßenbahn, so wie sie bis Mitte der 1970er-Jahre auch in Flensburg bestanden hat, und der Eisenbahn, also eine Art S-Bahn. In einem Bericht der Flensborg Avis vom 03.05.2018, wo dieser Vorschlag der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, wird dies als „letbane“ bezeichnet. Im folgenden nehmen wir zum Vorschlag Stellung.

Apenrade und Sonderburg

Sowohl Eisenbahn als auch die von den Grünen vorgeschlagene „letbane“ fahren auf Gleisen mit gleicher Spurweite. Die „letbane“ sollen sowohl in den Städten auf Straßen als auch über Land auf den Eisenbahntrassen unterwegs sein. Es ist eine gute Idee, sich mit diesem Nahverkehrssystem ernsthaft auseinanderzusetzen, insbesondere, da der Vorschlag die Verbindung des sogenannten Grenzdreiecks „Apenrade – Flensburg – Sonderburg“ betrifft.

So ist die schienengebundene Anbindung von Flensburg ZOB über die sogenannnte Nordkurve und Pattburg nach Apenrade bis Rotenkrug (Rødekro) vorhanden, anzustreben wäre dann die Reaktivierung der relativ kurzen Strecke, die dann zum Hafen in Apenrade führt. Aber das ist Sache unseres nördlichen Nachbarn.

Problem der Trassenführung nach Sonderburg

Die sehr viel größere Herausforderung stellt eine Verbindung von Flensburg nach Sonderburg dar. Auch hier liegen jetzt schon Trassen, die von Flensburg über Pattburg bis Tingleff führen und dann nach Sonderburg abzweigen. Diese Verbindung erstreckt sich aber auf etwa 70 km und ist daher von der Fahrzeit unattraktiv. Daher schlägt die Grüne Landtagsfraktion eine völlig neue Trassenführung vom Flensburger ZOB aus über das westlich liegende Hafengleis über die Harrisleer Straße und Harrisleer Umgehung zur Bahntrasse Flensburg-Weiche – Pattburg vor. Von Pattburg geht es dann weiter über eine neue Trasse Richtung Krusau – Gravenstein, hier erfolgt die Anknüpfung an die Trasse Tingleff –  Sonderburg.

Wir halten auch diese Trassenführung für wenig geeignet, weil eine Zugverbindung von Flensburg nach Sonderburg, die über Harrislee und Pattburg führt, immer noch eine zu lange Fahrtzeit mit sich bringt. Die Strecke ist gegenüber dem Auto nicht attraktiv genug, zumal die vielen vorgesehenen Haltestellen die Fahrzeit verlängern. Die enge Harrisleer Straße, bei der nicht einmal ein Fahrradweg Platz findet, ist ein weiterer Schwachpunkt dieses Streckenvorschlags.

Wir schlagen daher vor, dass folgende Trassenführung geprüft wird: Vom ZOB aus das westliche Hafengleis nutzen, dann mit einem neuen Gleis auf die Werfstraße verschwenken, die dann in die Apenrader Straße und später in die Mads-Clausen-Straße übergeht. Dann weiter auf der Straße Richtung Wassersleben den Berg hinunter und bei Kupfermühle Richtung B200 und dann über die Grenze. Bei Haltestellen am Schlachthof, am Lachsbach und in Wassersleben könnte für das Stück vom ZOB bis Krusau eine Fahrtzeit von etwa 10 Minuten erreicht werden. Zum Vergleich: Die Buslinie 1 benötigt bei einer ähnlichen Streckenführung mit 15 Haltestellen 20 Minuten.

Nachtrag im März 2021 zur Trassenführung

Sowohl der Vorschlag der Landtagsfraktion der Grünen als auch unser Vorschlag aus dem Jahr 2018 kranken beide daran, dass die Harrisleer Straße und die Apenrader Straße bereits jetzt verkehrlich stark belastet sind. Hinzu kommt die bisher von der Stadt Flensburg ungeklärte Mehrbelastung, die durch den Abtransport von Schiffsladungen mit schweren LKW entsteht, wenn der Wirtschaftshafen gemäß der derzeitigen Beschlusslage auf die Westseite des Hafens verlegt wird. Vor diesem Hintergrund ist es vollkommen irrsinnig, diese beiden Straßen auch noch zusätzlich mit schienengebundenen Fahrzeugen, die nicht einmal ausweichen können, zu befahren.

Jede Anbindung über die vorhandenen Gleisanlagen nach Sonderburg ist aufgrund der großen Umwege viel zu weit (>70 km) und damit völlig unattraktiv und sie wird daher keine Akzeptanz finden. Über eine mögliche Trassenführung sollte man sich erst Gedanken machen, wenn von dänischer Seite überhaupt erst Interesse an einer besseren Bahnverbindung zwischen Flensburg und Sonderborg gezeigt wird.

Unabhängig von der Frage, ob eine „letbane“ die von den Grünen oder die von uns bevorzugte Route nutzt, bleibt bei einer Streckenführung über Straßen das Problem, dass sich unter dem Straßenbelag eine umfangreiche Versorgungsinfrastruktur (z.B. Fernwärme, Wasser, Strom) verbirgt. Wenn man dort Schienen für eine „letbane“ verlegen will, muss man in Kauf nehmen, dass diese Bahn bei Arbeiten an der Versorgungsinfrastruktur z.T. für Monate ohne Möglichkeit der Umleitung stillgelegt wird.

Eine solche „letbane“ nach Dänemark könnte unser Konzept „Zug zum ZOB“ sehr gut ergänzen, da dann am ZOB neben dem Bus- und Bahnverkehr auch die „letbane“ nach Apenrade und Sonderborg konzentriert wäre, wovon alle Verkehrsträger des ÖPNV profitieren würden.

Für diese grenzüberschreitende „letbane“ sind dann noch Fragen wie die Straßenverkehrzulassung, der unterschiedlichen Signaltechnik und der Antriebsart (elektrisch oder Wasserstoff) zu beantworten, was aber weniger problematisch ist als die Trassenführung.

Flensburg – Niebüll

Die Reaktivierung der Strecke nach Niebüll mit einer „letbane“ zu befahren, halten wir nicht für sinnvoll. Es handelt sich um eine Eisenbahntrasse der DB, ein Systemwechsel zu einer „letbane“ ist nicht angebracht. Unser Konzept sieht ein System von Triebwagenzügen vor, die zwischen Kiel, Flensburg und Niebüll rotieren. Eine „letbane“ ist mit so einem System nicht kompatibel.

Außerdem stehen die vielen Haltepunkte in dem Vorschlag einer schnellen und damit attraktiven Verbindung nach Niebüll entgegen und stehen somit auch in Konkurrenz zum Busverkehr auf dieser Strecke.

Fazit

Wir als IG ZugzumZOB begrüßen die Initiative der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen für ein grenzüberschreitendes Bahnsystem. Wir sind dafür, die Verbindungen Flensburg – Apenrade sowie Flensburg – Sonderburg (mit geänderter Streckenführung) weiter zu untersuchen. Diese Untersuchung sollte natürlich gemeinsam mit unseren Nachbarn in unserer Region vorgenommen werden.